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Impuls der Woche (25.-29. Januar 2021)

Datum:
23. Jan. 2021
Von:
Matthias Bendel

„Entschuldigen Sie, sind sie vielleicht überfordert?!

Wann ist eigentlich der passendste Augenblick, um etwas über das beengende Gefühl des Überfordert-Seins, des Balance-Verlorenhabens zu schreiben? Wider besseres Wissen habe ich mich dazu entschieden genau dann davon zu schreiben, wenn ich besonders betroffen davon bin. Nämlich gerade jetzt, gerade die letzten paar Wochen, vielleicht sogar die letzten Monate. Ich kann mich also sehr gut in diesem Zustand des Überfordert-Seins hineinfühlen. Wenn ich fast nur aus Gefühl bestehe, ist das Abstand halten für mich gar nicht so einfach. In der Hoffnung, mich und Sie, liebe Leserin, aus dieser Beklemmung ansatzweise herauszuschreiben zu können, habe ich dies hier geschrieben.

„Ich habe für Sie zum Abarbeiten folgende Liste erstellt …“
„Wann kann ich mit Ihrer Antwort rechnen?“
„Bitte melden Sie sich, es ist dringend!“
„Tun Sie dies und das, Tu du es, tu du,  to do“ …

(Die Sprechblasen der Zeichnung reichen nicht aus, um all die Anforderungen aufzunehmen, die allein am heutigen Tag auf mich niederregneten.)

Ja, ich bin überfordert. Ich sage das klar und vernehmlich. Immer mal wieder und in den letzten Tagen immer öfter. Aber wen interessiert es, interessiert es wirklich, wer kann das wirklich hören - außer Gott, aber für den schreibe ich das hier nicht. Und wer ist gerade nicht überfordert?

In dem Ausgeliefertsein erkenne ich, was ich nicht will: Dass immerzu Forderungen aufgehäuft werden und dass das so seine unhinterfragbare Notwendigkeit haben soll, ich selbst aber keine Erfüllung darin finden kann. Oder positiv formuliert: Ich sehne mich danach, dass sich mir die Möglichkeit bietet, auch den heutigen Tag als Geschenk mit ins Gebet nehmen zu können. Der Vers aus dem Markus-Evangelium „Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen“ (MK 2,27b), ist eine Bestärkung für mich, nach dem Sinn all der Geschäftigkeiten zu fragen. Ich werde den Eindruck nicht los, dass zu oft die Urheber von Anweisungen und Listen aus den Augen verloren haben, dass es eigentlich um unser Miteinander geht. Und dass zu viele „To dos“ oder auch Verordnungen davon abhalten, dass wir Menschen uns als unsere Nächsten begreifen können.

Wie dahin gelangen, dass wir Menschen uns wirklich mehr begegnen? Der Weg der Begegnung mit Jesus scheint mir ein ähnlicher. Wir müssen einander zuhören und miteinander ins Gespräch kommen und versuchen einander zu verstehen: in einem längeren Telefonat oder in einem vertrauensvollen Gebet.  Wir brauchen Zeit und Räume. Diese sind nicht immer einfach da. Wir müssen sie öffnen und mit uns beleben. Jeder von uns hat hörwürdige Geschichten von seinem Leben zu erzählen. Sie sind wunderbar, kurzweilig und manchmal abgrundtief traurig. Aber all diese Erzählungen sind Lebensgeschichten, die Zuhörer verdient haben. Wir alle brauchen jemanden, der uns wirklich zuhört, dem wir als Person wichtig sind, der uns spüren lässt, dass wir wundervoll sind. Zur Not gibt es da noch Gott. Gott ist ein Quelle, die es unablässig vermag uns wert zu schätzen und mit uns zu gehen. Gott vermag das alles, aber er wird sicherlich nicht ärgerlich sein, wenn wir ihm ein wenig unter die Arme greifen. Dabei müssen wir auch den Weg zu denen gehen, die am Wegesrand verletzt liegen, weil die To dos zu viel wurden und die Aussicht auf Heilung zu weit weg war.

Immer wieder mache ich die beglückende Erfahrung, wenn ich anderen Menschen zuhöre, so richtig echt zuhöre und mir und meinem Nächsten Zeit und Raum lasse sich zu entfalten, dann wird mir ganz warm ums Herz. Das sind Tage in meinem Leben, an denen die To dos nicht Selbstzweck sind. Das sind Tage, an denen ich den Eindruck habe, dass ich den Sabbat für Gott begangen habe. An diesen Abenden ist es ein Leichtes für mich, Gott sein Dankgebet zukommen zu lassen.

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Matthias Bendel