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Was das Problem daran ist und warum und wie wir uns mit ihnen auseinandersetzen sollten:Vorurteile - wir alle haben sie, doch niemand möchte sie sich so wirklich eingestehen - von Lina Kleim

Datum:
28. Juni 2021
Von:
Lina Kleim

Im Alltag bilden wir ständig - sei es bewusst oder unbewusst - eine Meinung, ein Urteil oder eine Vorstellung von anderen Personen. Die Annahme, dass dies unbedingt unbeeinflusst von bestimmten Merkmalen, mit denen sich Menschen in Schubladen stecken lassen, geschieht, wäre eine Illusion. Kein Mensch ist vorurteilsfrei, doch häufig sind wir uns unserer eigenen Vorurteile gar nicht bewusst. Denn wer gesteht sich schon selber ein, dass er Menschen nicht vorurteilsfrei bewertet? Doch genau das ist das Problem. Denn, weil wir uns unserer eigenen Vorurteile häufig nicht bewusst sind, besteht die Gefahr, dass diese unser Handeln beeinflussen und wir auf Vorurteilen basierende verletzende Aussagen und Verhaltensweisen gar nicht als verletzend wahrnehmen - so entsteht Diskriminierung.

Es ist daher wichtig den Personen zu zuhören, die im Alltag hingegen ständig mit diesen Vorurteilen Ihnen gegenüber konfrontiert werden, sich außerdem bewusst zu machen nicht vorurteilsfrei zu sein und Vorurteile anschließend zu hinterfragen und bewusst zu widerlegen anstatt nach ihnen zu handeln. Und vor allem ist es wichtig sich mit Xenophobie, Homophobie, religiöser Intoleranz, Sexismus und Rassismus zu befassen - erst Recht, wenn man nicht davon betroffen ist. Nicht immer erkennen wir auf Vorurteilen basierende Aussagen und Verhaltensweisen, die verletzend oder diskriminierend sind. Und es ist wichtig zu wissen, dass man mit Aussagen oder Verhaltensweisen im Alltag rassistisch, homophob, sexistisch oder generell diskriminierend sein kann, auch wenn man nicht die Absicht hatte, jemanden zu verletzen oder zu diskriminieren. Doch Intentionen spielen hier keine Rolle, Sätze wie „Das war doch gar nicht so gemeint“ sind mehr als unangebracht und Aussagen wie „Ich bin doch kein Rassist“ können nie getroffen werden, denn Rassismus existiert nicht nur in radikaler Form, Betroffene erleben meist gerade auch Alltagsrassismus, welcher häufig auch unbewusst geschieht.

Beispielsweise kann es ja nett gemeint sein, jemanden aus Interesse zu fragen, wo er herkomme. Eine Person, die offensichtlich deutsch aussieht, wird dies jedoch höchstwahrscheinlich eher selten gefragt und wenn die Aussage nur aufgrund des Aussehens eines Menschen, dessen Familie vielleicht aber schon seit Generationen in Deutschland lebt, getroffen wurde, suggeriert dies, dass unverzüglich bereits durch das Aussehen eines Menschen klar werden würde, dass dieser „nicht dazugehört“. Wir sollten endlich beginnen diskriminierten und benachteiligten Menschen zuzuhören. Ich werde ehrlich gesagt auch nie verstehen, warum es für manche ein so großes Problem darstellen sollte, eine Süßigkeit nun „Schokokuss“ zu nennen statt mit einem Begriff zu bezeichnen, der historisch nachweislich nie positiv konnotiert war. Sicherlich würde man dies anders betrachten, wenn es sich um eine Bezeichnung handeln würde, mit der man selbst und seine Familie nur aufgrund seines Aussehens beschimpft wurde.

Sich mit Vorurteilen zu befassen ist letztendlich wegen der Gleichwertigkeit aller Menschen von großer Bedeutung, denn Vorurteile führen zu Ungleichbehandlung, zu ungerechtfertigten Sichtweisen gegenüber Personengruppen, zu Diskriminierung und Benachteiligung, zu Ungerechtigkeit.

Auch in Medien und in der Werbung, in alltäglichen Situationen begegnen wir Vorurteilen und Klischees. Wichtig ist zudem, dass wir andere darauf aufmerksam machen - bei verletzenden oder beleidigenden Vorurteilen kannst du deutlich zeigen, dass du das nicht in Ordnung findest - und uns für Menschen einsetzen, die diskriminiert und benachteiligt werden. Geh auch du aktiv dagegen an! In Bekannten- und Freundeskreis und in den sozialen Medien sollte man ebenfalls widersprechen und auf Vorurteile aufmerksam machen. Um angemessen auf Vorurteile zu reagieren, ist Expert*innenwissen über ein Thema nicht zwingend notwendig, vielmehr kannst du dich auch auf deinen gesunden Menschenverstand und deine Einfühlungsgabe verlassen. Wenn du in eine Diskussion verwickelt wirst, kommst du manchmal mit Hinterfragen weiter als mit Fakten, Zahlen und Argumenten. Geschicktes Hinterfragen kann eine brauchbare Methode sein, um eine endlose Diskussion zu vermeiden, bei der doch nichts herauskommt. Und du kannst so auch zeigen, dass manche Äußerungen nicht stimmen oder unlogisch sind. Fragen stellen kann dazu führen, dass sich die andere Person fragt, ob sie eigentlich wirklich recht hat. Vielleicht nicht immer sofort. Manchmal wirkt es erst nach einer Weile. So kannst du in ein paar kleinen Schritten schon dafür sorgen, dass du selbst oder jemand anders weniger Vorurteile hat, was gesellschaftlich von Bedeutung ist.