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„Frauen in der katholischen Kirche: gleich und berechtigt?“ Podiumsdiskussion

Das interessierte Publikum einer spannenden Podiumsdiskussion
Datum:
8. Feb. 2020
Von:
Miriam Staratschek, Q1

Am 29.01.2020 feierten unsere Schulen, das erzbischöfliche Ursulinengymnasium und die erzbischöfliche Ursulinenrealschule, ihr Patrozinium im Gedenken an die heilige Angela Merici, deren Gedenktag zwei Tage vorher war.

Nach einer gemeinsamen Dommesse mit Weihbischof Rolf Steinhäuser verbrachten die Klassen und Jahrgangsstufen den Vormittag auf unterschiedliche Art und Weise.

Während die Schülerinnen und Schüler der Einführungsphase des Gymnasiums an verschiedenen Workshops zum Thema „Angela 3.0 – für starke Frauen in der Kirche“, unter welchem auch der Patronatstag stand, teilnahmen, fanden sich die Schülerinnen und Schüler der beiden Qualifikationsphasen der Oberstufe in der Aula zu einer Podiumsdiskussion zusammen. Diese stand unter dem Thema „Frauen in der kath. Kirche: Gleich und berechtigt?“

Dazu eingeladen hatte Herr Bartsch fünf Vertreter verschiedener katholischer Institutionen. An der Diskussion nahmen Maria Mesrian von der Organisation „Maria 2.0.“, Lisa Brentano, eine Pastoralreferentin in der Kölner Innenstadt, Annika Zöll, eine Theologiestudentin und Postulantin (das Postulat bezeichnet eine Probezeit für die Aufnahme in einen katholischen Orden, welche noch vor dem Noviziat angesetzt ist) des Franziskanerinnenordens, Maria Theresia Opladen, eine Rechtsanwältin und ehemalige Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (KFD) und Pfarrer Matthäus Hilus, Stadtjugendseelsorger Kölns.

Die Moderation übernahmen Annkathrin Dziuba (Q2) und Clara Giedziella (Q1).

Die Diskussion wurde eingeleitet mit der Frage, ob Frauen in der Kirche nun gleich und berechtigt seien oder nicht. Hilus antwortete darauf, dass es ihm im Bereich der Kirche „immer geholfen hat, wenn eine Frau da [in der Seelsorge, im Gemeinderat etc.] war“, da die Arbeit mit einer Frau laut ihm „sehr bereichernd“ ist.

Auch Mesrian meinte, dass „, wenn Frauen und Männer zusammenarbeiten, kommt was Gutes dabei raus“. Dennoch findet sie es nicht gut, dass in der katholischen Kirche 0,01% über 99% in Machtpositionen entscheiden können, obwohl in den Evangelien von Gerechtigkeit gepredigt wird. Die „Kirche verletzt ihre eigene Botschaft“, so Mesrian, „Es ist absurd!“ Zudem fragt sie sich, „warum die Verkündigung des Evangeliums an ein y-Chromosom gebunden sein soll“ und somit nur den Männern zustünde.

„Frauen sind nicht gleich und berechtigt […]“, äußerte sich Zöll dann zu dem Thema, „das finde ich blöd und ungerecht!“. Sie berichtete, dass sie in ihrer Schulzeit viel in den (Schul-)Gottesdiensten mitgewirkt hat und ihr später im Studium gelehrt wurde, dass sie die vielen Aufgaben in der Kirche aufgrund der Tatsache, dass sie eine Frau ist, nicht ausüben darf. „Das muss sich auf der strukturellen Ebene ändern“, forderte Zöll.

Opladen meinte, dass sie „nie auf die Idee gekommen [wäre], Priesterin zu werden“, dennoch sei die Kirche „als Institution weder gleich noch berechtigt“. „Es muss einen Weg geben […]“, forderte Opladen, „aber es darf nicht mehr so lange dauern.“

Mesrian beteuerte zudem, dass das Verlangen nach Gleichberechtigung nicht nur ein deutscher Trend sei. „Nirgends auf der Welt wollen Frauen unterdrückt werden“, erklärte sie und erntete Applaus vom Publikum. „In dieser Kirche wird Macht ausgeübt – unkontrolliert“; sagte sie. Außerdem verlangte sie, dass Frauen im Seelsorgebereich Sakramente spenden dürfen müssen, wie zum Beispiel die Krankensalbung.

Brentano erklärte, sie hätte „sehr unterschiedliche Erfahrungen in den letzten Jahren gemacht“. So waren Gemeindemitglieder unter anderem enttäuscht, wenn der leitende Pfarrer verhindert war und sie den Wortgottesdienst gestaltet hat.

„Wir brauchen eine Änderung in der Kirche“; stimmte auch Hilus den anderen zu. Ämter auf Zeit fände er zum Beispiel gut. Allerdings ist er „gegen die Position von Frauen in Weihämtern in der Kirche“. Zudem beteuerte er, die „Kirche ist keine Demokratie“. Auf die Frage eine Schülerin aus der Q1, was gegen die Position einer Frau in Weihämtern spreche, erwiderte Hilus, dass man Sakramente nicht ändern dürfe. Zudem sei Christus ein Mann gewesen. Opladen entgegnete jedoch, dass dies kein gutes Argument sei. 

Eine weitere Schülerin aus der Q1 fragte Herrn Hilus, warum Frauen in der Kirche nicht gleichberechtigt seien, wenn es im Galaterbrief doch heißt: „Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Es gibt […] nicht männlich und weiblich; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus.“ (Gal. 3, 27-28) und sie erhielt Applaus für ihre Frage. Hilus entgegnete, dass es sich im Galaterbrief um die Taufe handle, aber die Schülerin beteuerte, dass diese Gleichheit vor Gott in der Kirche nicht durchgesetzt werde. Als Priester sei man nicht besser, argumentierte Hilus, man sei Gott ja nicht näher, woraufhin die Schülerin auf eine Predigt von Erzbischof Reiner Maria Kardinal Woelki ansprach, in welcher dieser sagte, man könne Gott nur als zelebrierender Priester in der Eucharistie am nächsten sein. Opladen bestätigte die Aussage mit einem Nicken. Die Schülerin erklärte, dass man diese Nähe dann der Gerechtigkeit halber den Frauen auch zugängig machen müsste. Das Publikum applaudierte erneut, Ferner ging die Schülerin noch auf eine Predigt vom Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp vom vergangenen Pontifikalamt , am Sonntag, 26.01.2020, in der hohen Domkirche Sankt Peter zu Köln ein. Dieser erklärte in seiner Predigt, dass Gott einen Plan für einen jeden habe und man auf ihn hören solle und ihm folgen solle. Also fragte die Schülerin, was denn wäre, wenn Gott den Plan hätte, eine Frau zur Priesterin weihen zu lassen.

Zöll erklärte, dass man in der Kirche unterscheiden müsse zwischen der „wahren Gleichheit“ und der „Gleichheit“. Die im Galaterbrief beschriebene Form der Gleichheit bedeutet, dass alle gleich sind. Die „Gleichheit“, die die katholische Kirche ausübt, führt zum Beispiel dazu, dass Frauen keine Priester werden können. Im Grunde ist die „Gleichheit“ der Kirche keine solche. Sie ging darauf ein, dass der Ausschluss der Frau zum Priesteramt auf einer Tradition beruhe, meinte aber auch, „[ihr] Glaube ist nicht abhängig von einer Tradition“.

Brentano behauptete dann, sie ärgere sich schon, dass sie sonntags nicht predigen könne und war der Überzeugung, dass Stände in der katholischen Kirche abgeschafft werden sollen. 

Mesrian richtete sich dann an die Schülerinnen und Schüler, welche die Diskussion verfolgten, und fragte, was an der Kirche attraktiv sei oder ob diese sie schon verloren hätte.

Eine Schülerin aus der Q2 antwortete, dass sie sich von der Kirche mehr Offenheit gegenüber allen Menschen ganz gleich ihres Geschlechts, ihrer Religion/Konfession oder Sexualität erwarte. Sie nannte außerdem ein privates Beispiel: Ihre Eltern sind geschieden und da ihre Mutter für die Kirche arbeitet, kann sie nicht erneut heiraten, da sie sonst ihren Posten verlieren würde. 

Ähnliches war 2009 im Erzbistum Köln geschehen. Einem Chefarzt wurde aufgrund einer Scheidung gekündigt. Der Arzt durfte seine Stelle jedoch nach einer juristischen Auseinandersetzung behalten.

Hilus sprach dann auf Gewalt, die er in der Kirche erlebt, an. Er erwähnte den „Klerikalismus“. Hilus erzählte, dass er in Polen nicht einmal rauchen könne, ohne von Katholiken angegangen zu werden. Als Priester hat man rein zu sein, sagte er. „Ich finde Macht gut“, sagte er dann, „Macht ist was Gutes, wenn es mit Verantwortung zu tun hat.“

Da die Diskussion aus zeitlichen Gründen beendet werden musste, fragten die beiden moderierenden Schülerinnen nach einer möglichen Lösung der Diskutierenden.

„Lebt den Glauben“, sagte Mesrian, „steht für eure Rechte ein“. Auch Brentano meinte: „Bloß nicht aussteigen, haltet durch!“ Außerdem sagte sie: „Wartet nicht darauf, dass euch von oben einer was sagt.“

Auch Zöll beteuerte: „Lasst euch von keiner Autorität sagen: „Ihr könnt nichts, ihr dürft nichts!““. 

Opladen gewichtete sowohl die Disparität in der katholischen Kirche als auch die im Alltag und ermutigte die jungen Schülerinnen und Schüler, für ihre Rechte einzustehen. 

Die wohl überraschendste Aussage kam zum Schluss von Pfarrer Hilus. „Kirche ist nicht so wichtig“; meinte er und erklärte, dass ein Glauben auch ohne die Institution der Kirche möglich sei. „Wie viele Wege führen zu Gott? Genauso viele wie zu Menschen!“, sagte er als Abschluss und erhielt dafür ebenfalls Beifall.

Clara Giedziella richtete sich dann mit einem Appell an ihre Mitschülerinnen und -schüler. Sie wies daraufhin, dass man dennoch überall, sei es in der Schule oder im Alltag, respektvoll miteinander umgehen sollte.

Zusammenfassend kann man also sagen, dass die Aussage des Fundamentaltheologen Jürgen Werbick in seinem Buch „Kirche“ stimmt: Es gibt keinen soliden theologischen Grund, der einen Ausschluss der Frau vom Priesteramt rechtfertigt.

Viele spannende Eindrücke während einer interessanten Diskussionsrunde